Jo Lendle: Eine Art Familie. Roman. Penguin. München, 30. Aug 2021
Als Jo Lendle noch als Lektor, Programmleiter und Geschäftsführer für den DuMont Verlag in Köln arbeitete, gelang es ihm nebenbei noch Romane zu schreiben, die im Zweijahresrhythmus erschienen. Der erste Roman „Die Kosmonautin“ handelt von einer Mutter, die anstelle ihres Sohnes eine gewonnene Reise zum Mond antritt. Im zweiten Roman „Mein letzter Versuch die Welt zu retten“ erzählt ein 17-jähriger Schüler aus dem Jenseits von seinem Tod bei einer Demonstration gegen Castor-Transporte in Gorleben. Der dritte Roman „Alles Land“ ist das Portrait des Polarforschers Alfred Wegener, der 1930 bei einer Expedition in Grönland ums Leben kam. Und in der grotesk-komischen Liebesgeschichte „Was wir Liebe nennen“, Jo Lendles bislang letztem Roman von 2013, den er auch beim Poetenfest vorstellte, geht es um einen Zauberer in der Midlife-Crisis. Damals stand Lendle bereits als neuer Verleger des Carl Hanser Verlages fest. In Erlangen erklärte er zuversichtlich, er hoffe auch weiterhin die Zeit zum Romaneschreiben zu finden. Jetzt erscheint nach genau acht Jahren endlich sein neuer Roman.
In „Eine Art Familie“ greift der Autor auf zahlreiche Dokumente aus seiner eigenen Familie zurück und erzählt das Leben seines Großonkels Ludwig Lendle. Der Professor für Pharmakologie galt in der Familie als überzeugter Nazigegner. Doch dann stellte sich heraus, dass der Schlafforscher für die Nationalsozialisten mit Giftgas experimentierte. Schlaf, Narkose und Gift als große Metapher für Familienlegenden. Ein exemplarischer Familienroman und wohl Jo Lendles persönlichstes Buch. (D. K.)