Jenny Erpenbeck: Kairos. Roman. Penguin. München, 30. Aug 2021
Was hat eine unbefangene Neunzehnjährige einem berühmten Romanschriftsteller entgegen zu setzen, der ihr im Handumdrehen verfällt? Sie kann nicht anders, als Teil seines Lebens zu werden, wobei man nicht weiß, was davon inszeniert ist und was echt.
Jenny Erpenbeck erzählt in ihrem neuen Roman von einer Liebe in Zeiten des gesellschaftlichen Wandels. Im Sommer 1986 läuft Katharina, die gerade eine Lehre zur Schriftsetzerin absolviert, dem 34 Jahre älteren, allseits gefeierten Hans über den Weg. Beide sind wie vom Blitz getroffen. Sie zelebrieren ihre Verbindung wie einen heiligen Kult, während ringsum nach und nach alles zu wanken beginnt. „Kairos“ lautet der Titel des neuen Romans von Jenny Erpenbeck, in dem es um die Macht von Fügungen geht.
Erpenbeck wurde 1967 in Ost-Berlin geboren und studierte Musiktheaterregie an der Hochschule für Musik Hanns Eisler. Ihr literarisches Debüt „Geschichte vom alten Kind“ (1999), in dem ein namenloses Mädchen auftaucht, das niemandem anzugehören scheint, machte sie auf einen Schlag bekannt. In „Heimsuchung“ (2008) lagerte sich Zeitgeschichte in einem Haus am See ab, während in „Aller Tage Abend“ (2012) die Jahrhunderte durcheinanderwirbelten. „Gehen, Ging, Gegangen“ (2015) schilderte, wie sich ein emeritierter Altphilologe für die Sache der Flüchtlinge einsetzt. In ihrem vielgestaltigen Werk setzte sich Jenny Erpenbeck immer wieder mit historischen und lebensgeschichtlichen Brüchen auseinander. (M. A.)