Wissenschaft und Medien, lange Zeit fraglos akzeptierte Instanzen der Wahrheit, werden als Autoritäten immer öfter angezweifelt. Eigentlich ist das ja positiv, denn über das, was als wahr gelten soll, muss gesellschaftlich verhandelt werden; der Wissenschaft ist das methodisch sogar eingeschrieben. Doch wenn Falschbehauptungen (FakeNews) gleichrangig mit validierten Erkenntnissen rangieren oder Außenseitertheorien auf Augenhöhe mit der Schulwissenschaft verhandelt werden (FalseBalance) gerät etwas ins Rutschen – sagen die einen. Andere verweisen darauf, dass seit jeher Außenseiter, die Vertreter der Heterodoxie (in Abgrenzung zur Orthodoxie) für Innovationen und wissenschaftliche Paradigmenwechsel sorgen. Die Grenze zwischen Heterodoxie und Verschwörungstheorien verläuft allerdings fließend, und so hadern – nicht erst seit der Corona-Krise – Medien und Gesellschaft mit den Grundlagen der Weltwahrnehmung. Gibt es noch ein Fundament, auf dem sich alle gemeinsam befinden, wenn sie debattieren?
Florian Felix Weyh
Armin Nassehi: Unbehagen. Theorie der überforderten Gesellschaft. C. H. Beck. München, 26. Aug 2021
Peter Trawny: Krise der Wahrheit. S. Fischer. Frankfurt a. M., 8. Sep 2021
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